Braucht jeder Weg ein Ziel?


Eine Glosse fürs Dampfer-Magazin im Dezember 2014, geschrieben von Philgood

Meine Güte, es ist schon wieder Dezember, ein weiteres Jahr neigt sich dem Ende zu! Je älter man wird, desto schneller scheint die Zeit zu galoppieren. Mit dem Jahresende wird es auch Zeit zurückzublicken. Wie war es denn so, das dampfende Jahr 2014?

Nun, seien wir ehrlich, viel Innovation haben wir nicht gesehen. Die neu erschienen Geräte in diesem Jahr sind geprägt von „höher – schneller – weiter“. Also mehr Watt, mehr Volt, mehr Coils, mehr Dampf. Aber wirkliche Neuerungen gab es keine; die Branche dreht sich im Kreis. Die immer gleichen Systeme werden in neuen Designs und mit leicht veränderten Features immer und immer wieder aufbereitet und auf den Markt gebracht. Noch mehr Clearomizer mit noch mehr unterschiedlichen Verdampferköpfen, die dann aber doch alle ziemlich gleich sind. Noch mehr Akkuträger und Kombiakkus mit den gleichen Funktionen, die schlussendlich aber auch einfach nur Strom liefern.

Wohin man blickt nichts Neues, weder im Westen noch im Osten. Tatsächlich ist das einzige mir bekannte Projekt, das ich interessant finde, die VIR, diese neue Elektronik von Golden Greek, die nicht mehr mit Spannung oder Leistung, sondern mit der Temperatur arbeitet. Nach drei Jahren Entwicklung soll VIR nun in Kürze auf den Markt kommen. Aber sonst? Dampferischer Einheitsbrei soweit das Auge reicht.

Und da stellt sich nun die Gretchenfrage: Wo soll es denn eigentlich hingehen mit dem Dampfen? Müsste man nicht, bevor man sich auf den Weg macht, wissen, wo das Ziel ist? Ist es denn nicht so, dass das Ziel den Weg vorgibt? Nein, so einfach ist diese Dampferfahrt nicht. Sie gleicht eher einem Orientierungslauf, bei dem das Ziel erst nach und nach ins Blickfeld rückt.

Der Ausgangspunkt war klar: Die Pyros müssen weg! Und so sind wir losmarschiert und irgendwann beim ersten Posten angekommen. Das Rauchen ist überwunden, das Dampfen ersetzt die Zigaretten. So weit so schön. Aber jetzt, wie weiter? In welche Richtung sollen wir uns wenden? Ok, wir haben dann den „höher-schneller-weiter“-Weg beschritten. Das war ein netter Weg, dem wir mit Freude gefolgt sind. Der Weg war gut asphaltiert und es gab spannende Sachen zu sehen. Aber wir haben schnell gemerkt, dass er nur ein Rundweg ist, der uns wieder zum gleichen Posten zurückführt.

Und jetzt, wohin? Die Frage ist tatsächlich sehr spannend und die Überlegungen dazu sind abendfüllend. Es gibt wohl auch nicht nur eine Meinung und schon gar keine eindeutige. Ich persönlich glaube, dass die Einfachheit das Ziel ist. Das Dampfen muss noch einfacher werden, so einfach, wie Pyros zu rauchen sind. Ein Raucher soll ohne Vorkenntnisse, ohne Recherchen, ohne Bastlerei und ohne elektrotechnisches Grundwissen einfach so umsteigen können. Das wäre für mich ein erstrebenswertes Ziel.

Die Tabakfirmen haben dieses Ziel auch erkannt und schlagen nun einen entsprechenden Weg ein. Allerdings haben sie der Einfachheit die Technik und die Effizienz geopfert. Wir alle wissen, dass die Geräte der Tabakmultis unzureichend und ein technischer Rückschritt sind. Sie sind nicht innovativ, sondern haben einfach die physische Form verändert – leider zum Nachteil der Geräte.

Aber die Tabakkonzerne haben zumindest ein Ziel, deshalb haben sie sich schon wieder auf den Weg gemacht, währendem wir immer noch auf dem Rundweg sind oder am Posten Kringel dampfen. Was wir mit Sicherheit sagen können, obwohl wir unser eigenes Ziel vielleicht noch gar nicht kennen: Die Tabakhersteller haben nicht das gleiche Ziel wie wir. Ihr Ziel sind Dual User, zu jedem Zeitpunkt das richtige Produkt aus dem Hause Philip Morris. Zuhause die Pyros, im Kino die elektrische Variante. Keine Einschränkungen mehr durch Rauchverbote oder Gestank, sondern jederzeit den volle Genuss und den Hauch der grossen Freiheit. Ungefähr so wird's auf ihren künftigen Plakaten stehen.

Das ist nicht unser Ziel und deshalb müssen wir einen anderen Weg einschlagen. Einen gewundenen, verschlungenen, oftmals auch steilen Weg. Wir haben weder die Mittel noch die Baumaschinen der Tabakmultis, mit denen sie sich ihren Weg planieren können. Die Politik wird uns begleiten auf unserem Weg und uns immer wieder Steine zwischen die Füsse werfen, damit wir doch auf den schön breiten, geteerten Weg der Tabakfirmen einschwenken. Tun wir aber nicht. Wir gehen unseren Weg stoisch weiter.

Unter diesen Vorzeichen erwartet uns ein spannendes und anspruchsvolles neues Jahr. Ich wünsche mir viel echte Innovation und Neuerungen, die uns resp. das Dampfen weiterbringen. Und Euch allen wünsche ich wunderbare Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

In diesem Sinne, gehabt Euch wohl und allzeit gut Dampf!

Euer Philgood