Die Watte Debatte


Eine Glosse fürs Dampfer-Magazin, im September 2014. Geschrieben und gesprochen von Philgood

Nur damit wir uns nicht falsch verstehen, es geht nicht um Microcoils oder Wattewicklungen. Nein, heute soll es um Watteverdampfer gehen. Eine Nostalgie-Glosse aus der Dampfervergangenheit sozusagen.

Ich hatte ja Anfang August mein 4 jähriges Dampfjubiläum und habe aus diesem Anlass mein erstes Gerät, eine Pen 801 hervorgekramt. Da wird man schon etwas nostalgisch und viele Erinnerungen flammen wieder auf. Heute ist es mir einigermassen schleierhaft wie man mit diesen Geräten damals den Umstieg hatte schaffen können. Aber – es hat geklappt. Zum Glück!

Die Pen 801 hatte einen automatischen Akku mit 280mAh und einer Leuchtdiode an der Spitze, die die Glut simulierte. Wobei das vorwiegend der Funktionskontrolle diente. Der Verdampfer war ein klassischer Watteverdampfer mit Netzbrücke. Die Depots waren mit Watte gefüllt, diese hielt das Liquid fest und gab es nach Bedarf an die Netzbrücke, resp. den Heizwendel weiter, an dem es dann verdampft wurde.

Das die Theorie. Aber so einfach war das nicht mit den Wattedepots, ganz im Gegenteil! Überspitzt könnte man sagen dass es einfach immer entweder gekokelt oder gesifft hat. Zu viel oder zu wenig Nachfluss, so richtig richtig war’s irgendwie nie. Und man hat sich ständig die Watte im Depot angekokelt, also am Heizwendel verbrannt. Von daher stammt übrigens auch der Begriff „kokeln“, er beschreibt eben diesen widerlichen Geschmack angesengter Watte.

Damals im August 2010 gab es nur Watteverdampfer. Die eGo war auch schon auf dem Markt, mit der kam ich aber überhaupt nicht klar, weil das Wattedepot sehr klein war. Ich habe es nie geschafft diese Depots vernünftig zu befüllen und danach leer zu dampfen. Da waren mit die Pens lieber, weil die Depots ein Stück grösser waren. Es gab auch schon Cartomizer, die waren dann einfach mit Watte gefüllt. Und bei denen war’s noch schlimmer, siffen, kokeln, ansengen, das volle Programm.

Entscheidend war welche und wie viel Watte man im Depot verwendet hat. Die richtige Menge war das Mass der Dinge, es musste die Balance zwischen Liquid festhalten und Liquid abgeben gefunden werden. Tja und welche Watte, das war auch eine Wissenschaft. In den beiden Foren wurde das lebhaft diskutiert, sämtliche verfügbaren Aquarium-Filterwatten wurden durchgetestet und bewertet. Als am besten geeignet stellte sich irgendwann die orange Watte von JBL mit dem Namen „SymecMix“ heraus. Blöd nur dass die Herstellung genau dieser Watte eingestellt worden war.

Und so kann ich mich lebhaft erinnern wie ich einmal 200km ins Berner Oberland gefahren bin um in einem Bergdorf einen Aquarium-Shop aufzusuchen, der noch ein solches Paket Watte an Lager hatte. Reichlich verstaubt und zum „Städterpreis“ konnte ich es dem Händler abkaufen und war danach einfach nur glücklich. Ja, damals hat Watte glücklich gemacht!

Es gab auch weitere Massnahmen die man ergreifen konnte um den Liquidfluss zu optimieren. Der „Q-Tip-Mod“ war sehr beliebt, man schnitt das Röhrchen eines Wattestäbchens auf die Länge des Depots schräg ab und steckte es seitlich in die Watte um den Luft- und dadurch den Liquidfluss zu verbessern. Auch das Ersetzen der Watte durch ESS-Röllchen oder Edelstahlwatte wurde ausprobiert und je nach Erfolg der Aktion als gut oder schlecht bewertet.

Die Pens hatten übrigens eine seltsame Funktion, die „Selbstreinigung“. Nach einer bestimmten Anzahl Züge gab die Elektronik selbständig Dauerfeuer um den Wendel zu reinigen, es wurde also ein Dry Burn durchgeführt. Leider war der Burn aber nicht wirklich dry, sondern passierte einfach irgendwann, z.B. in der Tasche. Bis man das bemerkt hatte war das Depot leer, die Watte verbrannt und/oder der Heizwendel durchgebrannt. Was habe ich geflucht über diese Funktion aus der Hölle!

So langsam wurde mir die Sache zu teuer, ein Verdampfer hatte 16.95 gekostet, die Lebensdauer war bescheiden. Etliche Defekte und die schlechte Verfügbarkeit von Ersatzteilen zwangen mich zum Handeln und so bestellte ich mir meinen ersten Selbstwickelverdampfer, den A1 von Bulli-Smoker mit dem dazugehörigen Akkuträger, dem Extreme. Und jetzt geriet das Dampfen für mich in eine völlig neue Dimension! Auf den Bulli folgte deshalb nur 2 Woche später die Phantom V21 von Highendsmoke.

Es waren damals die einzigen Selbstwickelverdampfer die es gab und es war für mich eine Revolution! Klar, auch diese Verdampfer arbeiteten mit Wattedepots, aber diese waren deutlich grösser als bei den eGos oder den Pens. Und je grösser das Depot, desto besser funktioniert das mit der Watte. Zum ersten Mal war das Dampfen nicht mehr nur ein mühsames Mittel um von den Pyros wegzubleiben, nein jetzt machte es plötzlich auch Spass und verbreitete Genuss!

Vor diesem Hintergrund kann man vielleicht verstehen warum wir im Dezember 2010 die Markteinführung der eGo-T derart euphorisch gefeiert haben. Joyetech – resp. Ovale - hatte das erste Tanksystem für die breite Masse entwickelt und wir wussten dass dies das Dampfen für immer verändern würde. Aber das ist eine andere Geschichte und mindestens auch eine Glosse wert.

In diesem Sinne, gehabt Euch wohl und allzeit gut Dampf!

Euer Philgood