Philip Morris gegen Uruguay

Philip Morriy gegen Uruguay




Eine Glosse fürs Dampfer-Magazin im Juni 2015, geschrieben und gesprochen von Philgood

Uruguay ist ein kleines Land, nur etwa halb so gross wie Deutschland. Mit 3,5 Millionen Einwohnern ist Uruguay auch ein dünn besiedeltes Land, die Bevölkerungsdichte liegt bei 19 Personen pro Quadratkilometer (Deutschland: 227, Österreich: 103, Schweiz: 199). Und Uruguay ist ein schönes Land, beschaulich, freundlich, gemächlich, politisch stabil. Ein kleines Paradies in Südamerika, ich konnte mich in meinem Urlaub im März persönlich davon überzeugen.

Nun hat sich einer der grössten Tabakkonzerne der Welt genau dieses kleine Land ausgesucht, um einen Musterprozess von enormer Tragweite anzustrengen. Philip Morris hat Uruguay wegen Behinderung ihrer Geschäfte auf 25 Millionen Dollar Schadenersatz verklagt. In der Zeit der Milliarden-Rettungsschirme klingt das nach verhältnismässig wenig Geld. Aber die Symbolik dieses Prozesses ist wegweisend.

Wie ist es dazu gekommen? Uruguay hatte bereits im Jahre 2006 damit begonnen, das WHO-Rahmenabkommen zur Eindämmung des Tabakkonsums rigoros umzusetzen. Der damalige und heutige Präsident Tabaré Vázquez ist Mediziner und Krebsspezialist, er hat also ein berufliches Interesse, aktiv gegen den Tabakkonsum vorzugehen. So sollten die Packungen mit 80% Warnhinweisen versehen werden, die Steuern sollten erhöht werden und pro Tabakmarke sollte nur noch ein Produkt verkauft werden dürfen, also z.B. „Mild“, „Light“ oder „Gold“ aber nicht mehr alle parallel nebeneinander.

Soweit die Ausgangslage, aus der heraus sich dann Philip Morris entschlossen hat, gegen Uruguay zu klagen. Aber warum geht das überhaupt? Normalerweise kann eine Firma nicht einfach ein Land verklagen, sondern muss über die eigene Regierung versuchen Einfluss zu nehmen. Und hier kommt jetzt die Schweiz ins Spiel. Uruguay und die Schweiz haben im Jahre 1998 ein Freihandelsabkommen geschlossen. Ein Teil dieser Vereinbarung ist das Investitionsschutz-Abkommen, das den schweizerischen wie auch den uruguayischen Unternehmen Rechtssicherheit geben soll. Der Hauptsitz von Philip Morris ist zwar in New York, sie sind aber auch im schweizerischen Neuchâtel beheimatet. Mit dem Schweizer Firmensitz und dem erwähnten Abkommen, konnte nun Philip Morris also Uruguay direkt verklagen, was sie 2010 auch getan haben.

Mich hat diese Geschichte beschäftigt und ich habe mir lange überlegt was ich davon halten soll. Als freiheitsliebender Mensch hasse ich es, wenn der Staat in das Leben der Menschen eingreift. Rigorose Verbote und Regulierungen wie sie Uruguay zum Thema Tabak ergriffen hat sind mir ein Gräuel! Es geht den Staat nichts an, wer was raucht oder dampft. Apropos dampfen – das wurde im Zuge der restriktiven Tabakregulierungen ebenfalls verboten.

Auf der anderen Seite ist Uruguay ein demokratischer Rechtsstaat, der seine Gesundheitspolitik nach eigenem Ermessen ausrichten kann. Da hat Philip Morris nicht reinzureden, sondern muss dies akzeptieren. Gerade die Tabakbranche sollte sich bewusst sein, dass das Rauchen weltweit immer strenger reguliert wird. Und wahrscheinlich führt Philip Morris genau deswegen den Prozess, weil sie dies sehr genau wissen! An Uruguay soll ein Exempel statuiert werden, dies würde andere Staaten künftig abhalten, das Rauchen streng zu regulieren. Goliath Philip Morris mit einem Jahresumsatz von 80 Milliarden Dollar, gegen David Uruguay mit einem Staatshaushalt von gerade mal 12 Milliarden – das haben sie sich schön ausgesucht.

Ein Urteil wird im nächsten Jahr erwartet und man darf gespannt sein. Was wird das Gericht als wichtiger taxieren, die Gesundheitspolitik des Staates Uruguay oder die Konzerngewinne von Philip Morris? Von dem Urteil wird eine Signalwirkung ausgehen, egal wie es ausfällt. Und es sollte uns alle nachdenklich machen, gerade vor dem Hintergrund von TTIP und CETA, den geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, resp. Kanada. Schöne neue Welt…..

In diesem Sinne, gehabt Euch wohl und allzeit gut Dampf!

Euer Philgood