Die Grenzen der Demokratie

Die Grenzen der Demokratie

 
Eine Glosse für die Dampfer-Zeitung im September 2012. Geschrieben und gesprochen von Philgood.

Die Schweiz rühmt sich gerne die Wiege der Demokratie zu sein und mit ihrem symmetrisch föderalistischen Politsystem eine weltweite Vorbildfunktion einzunehmen.
Tatsächlich können wir Schweizer Bürger in vielen Belangen mitreden und in Abstimmungen und bei Wahlen unsere Meinung kund tun. Und das sowohl auf kommunaler, auf kantonaler wie auch auf Bundesebene.

Allerdings gibt es Themen bei denen die Demokratie regelmässig an ihre Grenzen stösst. Und zwar immer dann wenn Minderheiten betroffen sind. Minderheiten haben das Problem dass sie in Unterzahl sind und somit in demokratischen Prozessen jederzeit überstimmt werden können.
Eines der wichtigsten Ziele einer jeden Demokratie muss deshalb sein seine Minderheiten vor demokratischer Ausgrenzung zu schützen.

Und da hat sich die Schweiz in den letzten Jahren leider keinen guten Namen gemacht. Ja, man hat sogar den Eindruck gewonnen dass gezielt Themen zur Abstimmung gebracht wurden bei denen die Minderheiten nur verlieren konnten. Es ging gegen Raucher, gegen Ausländer, gegen Muslime, gegen Hundebesitzer und noch gegen einige mehr.

Es ist der Hunger nach kurzfristigem und einfachem Ruhm dem immer mehr Vorgarten-Politiker erliegen. Es ist einfacher, eine Initiative gegen eine Minderheit zur Abstimmung zu bringen und diese zu gewinnen, als sich mit weitaus wichtigeren und komplexeren Themen wie den Renten oder dem Gesundheitswesen zu beschäftigen. Mit gewonnen Abstimmungen profilieren sich die Parteien und ihre übereifrigen Vertreter, schlussendlich ist es egal um welche Themen es dabei eigentlich gegangen ist.

So ist die Schweiz aufgrund der Abstimmung über ein Minarettverbot in der wenig schmeichelhaften Position, in die Bundesverfassung eine Bauverordnung aufnehmen zu müssen. Ja, just in die Bundesverfassung in der auch steht dass jeder Bürger das Recht auf freie Meinungsäusserung und auf freie Religionsausübung hat.

Und jetzt musste also am letzten Sonntag das Schweizer Volk über eine Initiative der Lungenliga abstimmen. Die Lungenliga, ihreszeichens das Schweizerische Pendant zur Frau Dr. Pöla in Deutschland forderte ein landesweites rigoroses Nichtraucherschutzgesetz das keine Ausnahmen mehr zulassen sollte. Dies nur zwei Jahre nach der Einführung des Rauchverbotes in Gaststätten und an Arbeitsplätzen. Das ursprüngliche Gesetz lässt aber einerseits Ausnahmen zu, z.B. abgetrennte Raucherräume und Regelungen für kleine Kneipen unter 80qm. Andererseits können die Kantone dieses ursprüngliche Gesetz nach Gutdünken verschärfen, was einige auch umgesetzt haben.

Das war der Lungenliga aber nicht genug, sie wollte ein noch restriktiveres Gesetz und das Volk sollte dieses nun an der Urne absegnen.
Die Vorzeichen standen schlecht, Raucher-Bashing ist „in“ und breit akzeptiert in der Bevölkerung. Von den 16 bisherigen Volksabstimmungen gegen das Rauchen wurden deren 15 gewonnen, immer mit haushoher Mehrheit. Es sah nicht gut aus und die Lungenliga arbeitete bereits an einer weiteren Volksinitiative die auch das Rauchen im Freien einschränken soll.

Nun hat das Schweizer Volk entschieden, es lehnt die Initiative mit 66% der Stimmen ab. Das ist im Resultat wie in seiner Deutlichkeit absolut erstaunlich, waren doch bei Umfragen vor der Abstimmung ungefähr gleich viele Wähler für die Annahme der Initiative.

Die Analyse des Resultates zeigt eines sehr deutlich: Die Schweizer haben genug von noch mehr Verboten und Einschränkungen, von Gängelei, Bevormundung und Zwängerei. Die Bevölkerung möchte nicht dass sich der Staat in ihr Leben und in ihre persönliche Freiheit einmischt. Es ist ein starkes Zeichen an die Politik und die Regierung, ich freue mich dass der Schweizer Souverän dieses Zeichen so deutlich gesetzt hat. Und ich hoffe dass diese Abstimmung auch über die Landesgrenzen hinaus eine gewisse Signalwirkung hat und den europäischen Politikern zeigt dass das Volk nicht einfach alles mitmacht.
Eine Trendwende im aktuell herrschenden Gesundheitswahnsinn ist dieses Abstimmungsergebnis nicht. Aber zumindest ein schöner Wink mit dem angesengten Zaunpfahl.

Was das mit dem Dampfen zu tun hat? Nun, nichts. Aber es hat etwas mit der Gesellschaft zu tun in der wir leben. Und deshalb betrifft es uns alle. Nichtraucher, Raucher und Dampfer.

In diesem Sinne, gehabt Euch wohl und allzeit gut Dampf!

Euer Philgood